Der Krieg der Browser: Chrome und die Festspielwochen im Cyberspace

Denn Chrome sei in Wahrheit ein Angriff auf Microsoft und dessen Marktführer im Browser-Markt, den Internet Explorer. „Im geradezu religiösen Kampf der beiden amerikanischen Software-Giganten eröffnet das neue Google-Angebot nun eine neue, womöglich entscheidende Debatte um jene Glaubensrichtung, die dann irgendwann die Oberhoheit gewinnen wird“, spekuliert das Hamburger Nachrichtenmagazin. Zwei Welten, zwei Geschäftsmodelle, zwei grundverschiedene Geschäftsstrategien darüber, wie man mit Computer und Internet arbeiten und Geld verdienen könne, würden nun aufeinander prallen. „Auf der einen Seite steht Microsoft: Das Unternehmen will seine Programme weiterhin als Software-Paket an seine Kunden verkaufen. Die sollen Word, Excel, Powerpoint & Co. wie eh und je auf ihrer Festplatte installieren und ihr digitales Leben so im eigenen Computer führen.

Google dagegen macht sein Geld mit Werbeeinnahmen. Die Firma möchte Textverarbeitung und Anwendungen aller Art grundsätzlich verschenken und dabei auch die Festplatten der Nutzer entrümpeln“, so der Spiegel. Die Rechenarbeit, das Speichern und Verwalten laufe auf externen Servern, sozusagen auf einer Datenwolke, die über den Kunden schwebt. Im Englischen wird das als „Cloud Computing“ bezeichnet.

„Google ist in seinen Geschäftsmodellen zweifellos moderner als Microsoft, was aber auch nicht verwundert, da der Redmond-Gigant viel älter ist. Google setzt auf Netzanwendungen. Das hat SUN schon vor einigen Jahren propagiert, hatte damit keinen Erfolg und setzt heute auf das Geschäft rund um Java. Der Ansatz, dass der Browser im Grunde für den Internetbenutzer die Anwendung schlechthin ist, und dass die Suchmaschine Google zur meistgenutzten Browseranwendung gehört, ist durchaus gelungen. Der Mountain View-Konzern hat ja auch bereits mit GoogleEarth gezeigt, dass das Unternehmen konsequent und nachhaltig seine Projekte verfolgt. Dass diese Rechnungen aber nicht immer aufgehen, zeigt das Beispiel eBay und Skype“, kommentiert Andreas Latzel, Deutschlandchef des ITK-Unternehmens Aastra http://www.aastra.de, gegenüber NeueNachricht http://www.ne-na.de.

Die Bereitschaft der Anwender, konventionelle Telefonie durch proprietäre Internet-Telefonie zu ersetzen, sei bislang sehr begrenzt. „In gewisser Weise ist der Browser auch nur ein Tool und kein Inhalt, daher ist der Start von Chrome weniger spektakulär, als er in den Medien dargestellt wird. Und ob das Geschäftsmodell mit den Nutzerdaten funktioniert, muss sich erst noch zeigen. Die Applikationen aus dem Netz, die das Geschäft von Microsoft gefährden könnten, sind in diesem Stadium noch sehr weit weg“, weiß Latzel. Und noch habe niemand erfolgreich kommerziell beweisen können, dass Privat- oder gar Geschäftskunden auf die netzunabhängigen und lokalen Installationen verzichten wollen. „Ob Anbieter von Anwendungen auf Chrome aufbauen werden, kann noch nicht beantwortet werden. Das könnten sie auf einem Open Source Browser wie Firefox genauso. Daher ist Chrome als Vehikel für weitere Geschäftsaktivitäten nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die gesamte Geschäftsumgebung, die Google anbieten kann. Wenn die nicht attraktiv ist für die Einbindung von starken Partnern, funktioniert das Konzept nicht“, so der Einwand von Latzel.

Microsoft und Firefox bleiben nach Einschätzung von Dr. Andreas Rebetzky, Director Global Information Technology bei Bizerba http://www.bizerba.de, erst einmal die Platzhirsche. „Die sind seit Jahren auf dem Markt, haben Erfahrung sammeln und ihr Produkt verbessern können. Ich habe zwei Browser installiert: MS IE für Sharepoint als Frontend und Firefox für den Rest – es ist leistungsfähiger. Ich brauche keinen dritten. Als professioneller Anwender sehe ich zur Zeit keine Notwendigkeit“, sagt Rebetzky. Auch John Lilly von Mozilla gibt sich gelassen. Er sei den Kampf gegen Giganten gewohnt und versteht Firefox als Antreiber in einer lange Zeit verschlafenen Branche. Erst habe man Microsoft zu der Einsicht verholfen, dass die ihren Explorer modernisieren müssen uns nun sei Google dem Beispiel von Firefox gefolgt.

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