In München haben Deutsche Telekom, M-net und die Münchner Stadtwerke gestern ihre Zusammenarbeit zur Nutzung des Glasfasernetzes vorgestellt – ein Modell, das nach Ansicht des VATM den Erfolg des von Wettbewerberseite getriebenen Glasfaserausbaus massiv gefährdet.
„Die Telekom sendet in München ein fatales Signal: Gewährt uns Zugang zur passiven Infrastruktur oder ihr werdet überbaut“, erklärt VATM-Geschäftsführer Dr. Frederic Ufer. Erst durch den angekündigten und teilweise begonnenen Überbau des gesamten Münchner M-net-Netzes und durch ihre konsequente Verweigerung, das gut ausgebaute Glasfasernetz der Münchner Stadtwerke-Tochter M-Net auf Bitstrom-Basis anzumieten, kommt eine Vereinbarung zustande. „Dass die Stadtwerke München als Mutter von M-net diesem Druck nachgegeben haben, zeigt, wie hilflos selbst das größte Stadtwerk Europas der Marktmacht der Telekom gegenübersteht“, so Ufer. „In München sehen wir gerade, wie die Strategie eines marktmächtigen Unternehmens verfängt, das die Wettbewerber aus dem Markt drängen will.“
Die Gefahr, dass Wettbewerber auf dem Glasfasermarkt verdrängt würden und erneut ein Monopol eines bis heute marktmächtigen Unternehmens im Festnetzbereich entstehe, sei durch diese forcierte Strategie der Telekom real. Seit Langem mahnt der VATM daher Bundesnetzagentur und Politik, das wettbewerbsschädliche Vorgehen der Telekom regulatorisch einzudämmen. Das Versagen der Aufsichtsbehörde bei der dringend gebotenen Beendigung des strategischen Überbaus durch die Telekom rächt sich nun. „Es wird nicht bei München bleiben. Die Telekom sieht ihre wettbewerbsschädliche Strategie als von der BNetzA legitimiert”, so Ufer.
„Der VATM hat in zwei aktuellen Studien die bedrohliche Entwicklung für den Glasfasermarkt und für die Vielfalt auf dem Markt dargestellt“, betont der Geschäftsführer. Die Ergebnisse müssten vor allem die Bundesnetzagentur in ihrer Funktion als Wettbewerbsbehörde wachrütteln.
Die Studie zu Netznutzungsmodellen im Glasfasermarkt von SBR-net Consulting von Anfang September zeigt, dass die Telekom statt auf offene Netzzugangs-Kooperationen auf exklusive Pachtmodelle setzt. Dabei übernimmt sie ganze Glasfasernetze regionaler Infrastrukturerrichter langfristig, öffnet aber in ihrem eigenen Netz keine passiven Zugänge für Wettbewerber. So kontrolliert sie Bau, Betrieb und Vermarktung. „Genau dies sehen wir jetzt in München“, erläutert Ufer. „Obwohl die Stadtwerke München ein eigenes Glasfasernetz besitzen, das die Telekom über die Tochtergesellschaft M-net im Rahmen von Open Access nutzen könnte, verlangt die Telekom einen eigenen Zugang zum Netz unmittelbar über die Muttergesellschaft. Dass die Stadtwerke auf diese Weise ihrer eigenen Tochter den Business Case zerstören und das Unternehmen quasi ausbluten lassen, ist schwer verständlich und verdeutlicht den langen Hebel, an dem die Telekom sitzt.“
In ganz Deutschland verweigert die Telekom konsequent die Inanspruchnahme der zahlreichen Bitstrom-basierten Open-Access-Angebote ihrer Wettbewerber und fordert von diesen stattdessen Zugang zur unbeschalteten Glasfaser. Sie selbst gewährt den Wettbewerbern aber gleichzeitig keinen Zugang zu ihrem Glasfasernetz auf dieser niedrigen Wertschöpfungsstufe, sondern nur auf der aktiven Bitstrom-Ebene – ein klarer Wettbewerbsnachteil.
Die Dominanz der Telekom belegt auch die Studie zur Wettbewerbssituation auf dem Festnetzmarkt, die DIALOG CONSULT und VATM erst vor wenigen Tagen vorgestellt haben. Während in einem funktionierenden Wettbewerb vier große bundesweite Anbieter auf dem Netz der Telekom je rund 25 % Marktanteil erreichen sollten, dominiert die Telekom Ende 2024 mit über 95 %. Selbst bei optimistischen Prognosen würden die Wettbewerber erst nach 2030 auf maximal 25 % kommen.
Die bereits im dritten Jahr in Folge vorgelegte Untersuchung zeigt klar auf: Im Wettbewerb mit der Telekom verlieren alternative Anbieter weiterhin erhebliche Marktanteile.
„Die Wettbewerber sind mit starker Marktleistung unterwegs. Sie beherrschen Technik, Marketing, Produktinnovation und Kundenservice“, betont Ufer. Dass sie dennoch Markt- und Umsatzanteile verlieren würden, zeige, dass der Wettbewerb im Festnetz- und Glasfasermarkt ohne eine wirksame Regulierung drohe, auf der Strecke zu bleiben.
„Der Markt braucht in dieser sensiblen Phase von Kupfer auf Glasfaser eine klare regulatorische Flankierung und Einhegung von Marktmacht durch die Bundesnetzagentur“, fordert der Geschäftsführer. „Nur so kann auf Dauer ein diskriminierungsfreier und effektiver Zugang zum Netz des größten deutschen Anbieters, der Deutschen Telekom, sichergestellt und die Vielfalt im Markt im Interesse der Bürgerinnen und Bürger erhalten werden.“
Die VATM-Studien finden Sie hier:
3. Analyse der Wettbewerbssituation im deutschen Festnetzmarkt
Netznutzungsmodelle in Deutschland- Status und Potenziale für den Glasfasermarkt
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