Das von der EU-Kommission vorgestellte Digitale Paket markiert eine Zäsur in der europäischen Digitalpolitik. Während das erklärte Ziel darin besteht, den bestehenden Rechtsrahmen zu vereinfachen, Doppelregulierungen abzubauen und insbesondere KMU zu entlasten, ergibt sich aus Sicht des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e. V. ein anderes Gesamtbild.
Das Digitale Paket schwächt das Datenschutzniveau in Europa. Die im Digitalen Omnibus vorgesehenen Anpassungen greifen an zentralen Stellen in bestehende Schutzmechanismen ein. Die umfangreichen Öffnungsklauseln, die stärkere Zentralisierung von Aufsichtsstrukturen sowie die weitreichenden Vereinfachungen für Anbieter von KI-Systemen bergen das Risiko, dass bewährte Kontrollmechanismen an Wirkung verlieren. Trotz politischer Zusicherungen, Grundrechte nicht anzutasten, führen die vorgeschlagenen Änderungen de facto zu einem geringeren Schutzniveau.
Die versprochene Vereinfachung geht zulasten der europäischen digitalen Souveränität. Die EU stärkt mit dem Paket weder ihre technologische Unabhängigkeit noch den Schutz europäischer Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger. Vielmehr droht eine Verwässerung der Standards, die bislang als internationaler Maßstab galten. Wenn zentrale Schutzvorgaben im Datenschutz-, KI- und Cyberrecht aufgeweicht werden, verliert die EU genau jene Wertebasis, auf der sie bislang ihre Position im internationalen Wettbewerb aufgebaut hat.
Besonders kritisch bewertet der BvD, dass datenschutzrechtliche Garantien und der Schutz der Privatsphäre in einem geopolitisch angespannten Umfeld relativiert werden. Es entsteht der Eindruck, dass regulatorische Abstriche bewusst in Kauf genommen werden, um in übergeordneten Handels- und Zollkonflikten Spielräume zu gewinnen. Das widerspricht einem hohen, verlässlichen und nicht verhandelbaren Schutzniveau für EU-Bürgerinnen und Bürger.
Der BvD unterstützt das Ziel einer praxisnahen Regulierung ausdrücklich. Entlastungen durch die Zusammenführung von Meldepflichten, die Präzisierung unklarer Vorgaben oder die Bereitstellung standardisierter Vertragsklauseln sind sinnvoll. Doch sie dürfen nicht zu einer Schwächung grundlegender Schutzmechanismen führen.
Im Mittelpunkt steht die Forderung nach echter Transparenz: Gesetzgeberische Vorhaben müssen offenlegen, welche Auswirkungen sie auf bestehende Grundrechts- und Sicherheitsstandards haben. Der Schutz der Betroffenenrechte hat Vorrang; Vereinfachungen dürfen nicht zulasten derjenigen gehen, deren Daten verarbeitet werden. Ebenso ist ein sorgfältiges parlamentarisches Verfahren unverzichtbar. Die geplanten Omnibus-Änderungen, gerade dort, wo KI-Aufsicht, Cyberpflichten und die Rechte aus der DSGVO betroffen sind, erfordern eine gründliche und fachlich belastbare Prüfung durch Experten.
Für Unternehmen, insbesondere für KMU, ist Klarheit entscheidend, da sie komplexe regulatorische Änderungen oft mit begrenzten Ressourcen umsetzen müssen. Datenschutzbeauftragte fungieren dabei als zentrales Bindeglied: Sie bewerten Risiken, beraten die Verantwortlichen und dienen als Frühwarnsystem für neue gesetzliche Anforderungen. Unklare Normsetzung oder die Absenkung des Schutzniveaus würde nicht nur ihre Arbeit erschweren, sondern auch den Schutz für Unternehmen und Betroffene gleichermaßen stark reduzieren.
Deshalb braucht es Souveränität statt Abstriche – eine klare Absage an Ansätze, die den Datenschutz zugunsten kurzfristiger industrie- oder handelspolitischer Ziele zurückdrängen. Die EU hat in den vergangenen Jahren ein weltweit anerkanntes Schutzniveau aufgebaut. Dies darf im Zuge des Digitalen Pakets weder relativiert noch geopfert werden.
Der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V. engagiert sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung eines starken Datenschutzrahmens. Dies umfasst sowohl die gesetzliche Benennungspflicht als auch die praxisgerechte Umsetzung neuer technischer und rechtlicher Herausforderungen. Datenschutzbeauftragte spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie unterstützen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben, sind wichtige Impulsgeber bei technologischen Entwicklungen und tragen durch ihre Arbeit wesentlich zum Bürokratieabbau innerhalb der Unternehmen bei. Die Förderung von Qualität, Kompetenz und praxisnaher Unterstützung steht dabei stets im Vordergrund. Der BvD ist Gründungsmitglied der EFDPO – European Federation of Data Protection Officers.