WIK-Studie untersucht künftiges Marktpotenzial für Verbindungsnetzbetreiber: Was wird aus Call-by-Call und Preselection?

„Verbindungsnetzbetreiber“, so Dieter Elixmann, Leiter Marktstruktur und Unternehmensstrategien beim WIK, „waren für die Entstehung und Intensivierung des wettbewerblich orientierten, sprich: preislich dynamischen, Telekommunikationsmarktes in Deutschland unverzichtbar.“ Seit 1999 sind die Verbindungsnetzbetreiber (VBN) als „Marktbeschleuniger“ am Start; mehr als 100 mit einer eigenen Betreiberkennzahl (insgesamt 114) gibt es noch heute. Das Geschäftsmodell VNB, also das Angebot von Call-by-Call (Kunde wählt Betreiber-Kennzahl pro Anruf) oder Preselection (Kunde nutzt fest voreingestellten Wettbewerber) kann im Prinzip mit sehr beschränktem Kapitalaufwand implementiert werden: Lediglich mehr als zwei Übertragungswege, die mit mindestens einer Vermittlungseinrichtung verbunden sein müssen, hat ein Unternehmen nachzuweisen, wenn es im deutschen TK-Markt als VBN tätig werden möchte. Aber inzwischen, so Elixmann, hätten sich sowohl über technische Entwicklungen bei der Netzinfrastruktur als auch im Marktumfeld die Bedingungen für dieses spezielle Geschäftsmodell fundamental verändert. Und in der Tat: Insgesamt entfallen 2009 nur noch rund 10% aller Verbindungsminuten auf Call-by-Call und Preselection. Damit ist die Bedeutung des VNB-Geschäfts in Deutschland in den letzten fünf Jahren um rund zwei-Drittel geschrumpft. Die Anzahl der Preselection-Nutzer lag im ersten Quartal 2009 nur noch bei 3,3 Millionen Nutzern – noch sechs Jahre zuvor hatten sich über 6 Millionen Menschen für eine alternative Betreiberkennzahl entschieden. Zur sinkenden Attraktivität von Call-by-Call und Preselection tragen vor allem die vermehrte Mobilfunknutzung, die zahlreichen VoIP-Lösungen sowie das allgemein gesunkene Preisniveau für Sprachdienste, insbesondere im nationalen Bereich, bei.

Zentrale Bedeutung für das VNB-Geschäftsmodell hat die Regulierung. Im europäischen Rechtsrahmen von 2002 verpflichtete Artikel 19 der Universaldienstrichtlinie Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, eine Betreiber(vor)auswahl zu ermöglichen. Mit dem Review des Rechtsrahmens Anfang des Jahres ist diese europäische Direktive aufgehoben und künftig national zu regeln. Mit ihrer Regulierungsverfügung zu Markt 1 hat die Bundesnetzagentur hier Anfang 2010 eine Verpflichtung für die Deutsche Telekom ausgesprochen und zwar sowohl für traditionelle PSTN- wie auch IP-Anschlüsse. Wie allerdings die langfristige Entscheidungspraxis der Bundesnetzagentur hierzu aussehen wird, ist offen. Fest steht in jedem Fall, dass Änderungen zu diesem Thema gravierende Auswirkungen auf das VNB-Geschäft haben werden.

Neben der regulatorischen Basis untersucht die WIK-Studie insgesamt sechs potenzielle Einflussgrößen auf das VNB-Geschäft von morgen: die Migration der Netze zu IP und NGN und sich daraus ergebende Änderungen bei den regulierten Vorleistungen, die Anschlussentwicklung bei der Telekom als Rahmengröße für das zukünftige Marktpotenzial der VBN, eine „Zwangsmigration“ der verbleibenden PSTN-Anschlüsse bei der Deutschen Telekom, die weitere Gesprächssubstitution durch Mobilfunk und VoIP und die künftige Preisentwicklung und -gestaltung im Bereich der Sprachdienste und Imageaspekte. Elixmann: „A priori sehen wir durchaus Möglichkeiten der Re-Positionierung für das VBN-Geschäftsmodell, z.B. durch verstärkte Investitionen in eine eigene Netzinfrastruktur oder die Erweiterung des Produktportfolios um eine Breitbandkomponente.“ Die Studie beurteilt eine solche Entwicklung allerdings als eher unwahrscheinlich und stellt zusammenfassend fest: „Insgesamt wird die Rolle der Verbindungsnetzbetreiber auch für die Zukunft auf die Sprachdienste, und hier vor allem zu internationalen Destinationen, fokussiert sein, wo sie ihre Kernkompetenz der extrem kurzfristigen Optimierung der Verteilung der Verkehrslast, ausnutzen werden.“

Download der Studie ?Das VBN-Geschäftsmodell in einer sich wandelnden Marktumgebung“ unter www.wik.org.

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