Berlin, 10.04.07. Microsoft hat vor kurzem seinen Web Editor „FrontPage“ durch ein neues Programm „Expression Web“ ersetzt. Der schlechte Ruf von FrontPage ließ es nicht zu, eine neue Programmversion der Software unter altem Namen zu veröffentlichen.
Ob FrontPage wirklich so schlecht war wie sein Ruf, sei dahingestellt. Was sollen Designer, die mit Dreamweaver dreimal solange gebraucht haben, ein Web zu konstruieren als mit FrontPage, auch anderes behaupten, um ihre ebenfalls dreimal so hohen Produktionspreise zu rechtfertigen.
Microsoft möchte mit Expression Web nun endlich auch den Markt dieser Designer erobern. Expression Web wird von Microsoft mit dem üblichen Marketing Getöse, es mache den Anwender produktiver, beworben. Vor allem aber macht es ihn erstmal ärmer. Denn Expression Web kostet rund 50% mehr als sein Vorgänger „FrontPage“. Immerhin eine schlüssige Strategie, denn wer bislang unnötig teuer mit Konkurrenzprodukten wie z.B. Dreamweaver produziert hat, der ist gerne bereit, für das aus dieser Perspektive etwas günstigere Expression Web ordentlich Geld in die Hand zu nehmen. Leider nur lässt Microsoft im gleichen Atemzug treue FrontPage Nutzer fallen wie heiße Kartoffeln. Insbesondere Kleinunternehmen, die Dank kostengünstiger Einstiegspreise für FrontPage ein wirtschaftlich effektives Web betreiben konnten, ziehen den Kürzeren.
Der Webdesign und Webhosting Anbieter Bitpalast übt nicht nur am Preis massive Kritik. Dazu muss man wissen, dass Bitpalast das Vorgängerprodukt FrontPage stark beworben hat und normalerweise ein Verfechter von Microsoft ist. „Wir räumen ein, dass es mit FrontPage nicht immer leicht war, ein Web zu erstellen, aber für unsere Kunden war es ein hervorragendes und kostengünstiges Werkzeug, ein Web zu warten.“ erläutert Bitpalast Geschäftsführer Peter Debik, „Expression Web aber lässt in der praktischen Arbeit viel zu wünschen übrig. Wir haben selten so unproduktive Software im Einsatz.“ Der Nachfolger Expression Web habe so schwerwiegende Fehler, dass man Kunden rate, lieber ein gebrauchtes FrontPage bei eBay zu ersteigern. Das sei preiswerter und für die Wartung eines Webs besser als Expression Web. Bitpalast nennt konkrete Beispiele, warum Expression Web in der Praxis so schlecht abschneidet:
Mit FrontPage und den FrontPage Servererweiterungen konnten Zugriffsrechte auf dem Webserver bequem und einfach verwaltet werden. So ließen sich Webs oder Unterverzeichnisse von Webs als leicht als geschlossene Benutzergruppe betreiben. Wenn das ein Expression Web Kunde möchte, müsse er nun dafür ein Skriptsystem erwerben und möglicherweise sogar eine Datenbank verwalten, mit der die Zugriffsrechte gesteuert werden können. Die Herstellungs- und Betriebskosten eines Webs stiegen dadurch.
Mit Expression Web sei es unmöglich, mit der Maus ganze Tabellenzeilen oder -spalten zu markieren, um ihnen einen bestimmten CSS Stil zuzuweisen – eine Funktion, die selbst in Word seit Jahren völlig selbstverständlich ist. In Expression Web sei man entweder gezwungen, die gesamte Tabelle zu editieren oder jede Zelle einzeln. Dieser Mangel wirkt sich auch auf das Verschieben und Kopieren von Tabelleninhalten aus: In vielen Fällen ginge es überhaupt nicht.
Befand sich der Cursor in FrontPage in einer Tabelle, konnte man durch Betätigen von PfeilRunter oder PfeilRauf die Tabelle verlassen, um ober- oder unterhalb der Tabelle Text einzufügen. Dies sei in Expression Web unmöglich. Um vor oder nach einer Tabelle an einer Stelle Text einzufügen, wo noch keiner steht, müsse man im HTML Quellcode (!) die richtige Stelle finden und dort zunächst ein paar Buchstaben eintippen, dann zurück in den Editor Modus wechseln. Erst danach ließen sich neue Daten eintippen.
Bitpalast steht mit seiner Meinung nicht allein. Im englischsprachigen Microsoft Expression Web Forum haben auch schon andere Anwender Kritik geäußert. Zudem wird von manchen Anwendern bemängelt, dass die Software zu langsam ist.
Insgesamt bewertet Bitpalast das Produkt als unausgereift. Viele selbstverständliche Funktionen wie die Markierung von Tabellenzeilen oder -spalten mit der Maus sowie das Drag&Drop Verschieben von Tabellenteilen fehlten, ein produktives Arbeiten sei mit dem Produkt nicht möglich. Kunden, die auf Expression Web upgraden, wird geraten, die FrontPage Vorgängerversion nicht zu deinstallieren, da damit viele Vorgänge schneller und einfacher bearbeitet werden können als mit dem neuen Werkzeug.
Sie muessen eingeloggt sein um einen Kommentar zu schreiben Einloggen